Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich habe nun die Freude, Herrn Götz Preuße aus Jena für seine Verdienste im Thüringer Schachsport auszuzeichnen. Seit vielen Jahrzehnten setzt er sich dafür ein, das Schachspiel stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken und von einer Randsportart zu einem Breitensport weiterzuentwickeln. Ihm verdanken wir neue Angebotsformen, Strategien und Konzepte, die darauf abzielen, Schach für weite Teile der Bevölkerung und insbesondere für Kinder zu öffnen.Für sein Wirken als Trainer, Verbandsfunktionär und Wettkampforganisator darf ich ihm heute das Bundesverdienstkreuz aushändigen.
Es ist alles andere als ein Geheimnis: Schach ist weit mehr als nur ein Brettspiel.
Es ist ein komplexer Kosmos, der drei Komponenten vereint: Sport, Wissenschaft und Kunst.
Komplizierte Rechenoperationen verschmelzen mit taktischen Finessen. Mustererkennungen helfen dabei, die eigene Spielstrategie an den Gegner anzupassen. Und physische Fitness wird gebraucht, um eine anstrengende und mehrere Stunden andauernde Partie durchzustehen. Aus diesem Mix der Komponenten entsteht eine einzigartige Faszination, die bereits viele Generationen überall auf der Welt zu schätzen wussten. Mir gefällt am Schach besonders, dass es generationenübergreifend gespielt wird und Menschen unabhängig von Behinderungen, Herkunft oder Geschlecht am Schachbrett zusammenbringt.
Fairer kann ein Sport meiner Meinung nach nicht sein!
Herr Preuße kennt die vielen Vorteile und Facetten des Schachspiels bereits seit vielen Jahrzehnten. Seine persönlichen Spielerfahrungen und sein souveräner Überblick über die Schachszene in Thüringen erwiesen sich als wichtiges Startkapital, als 1990 der Thüringer Schachbund aus der Taufe gehoben wurde. Als Gründungs- und Präsidiumsmitglied bestimmte er die Geschicke des Verbandes über viele Jahre. In seiner Zeit als ehrenamtlicher Funktionär des Thüringer Schachbundes organisierte er zahlreiche Wettkämpfe, zum Teil mit hunderten von Spielerinnen und Spielern.Darüber hinaus ist es der Weitsichtigkeit von Herrn Preuße zu verdanken, dass der Thüringer Schachbund rechtzeitig die Herausforderungen des demografischen Wandels in den Blick nahm. Das Ziel von Götz Preuße war, das Sportangebot den gegebenen Veränderungen anzupassen. Das bedeutete, vor allem die Jugend- und Seniorenarbeit des Verbandes zu stärken, um beide Bevölkerungsgruppen gleichermaßen zu fördern.
Dass das Schulschach in Thüringen einen enormen Aufschwung erlebt, verdanken wir insbesondere dem Engagement von Götz Preuße. Er war der erste Experte, der sich in unserem Land für eine Stärkung des Schachs an den Schulen einsetzte, um die geistige Entwicklung der Kinder zu fördern.
Aus vielen wissenschaftlichen Untersuchungen wissen wir:
Schach stärkt das geistige Aufnahmevermögen und die Konzentrationsfähigkeit von Menschen aller Altersklassen.
Aber insbesondere Kindern hilft das Spiel, ihr logisches Denkvermögen zu trainieren, ihre räumliche Vorstellungskraft zu verbessern und strategisches, verantwortungsbewusstes Handeln zu erlernen, was bessere Leistungen in vielen Schulfächern zur Folge hat.
Dass Schulschach noch dazu Spaß macht, kann nur von Vorteil für den Unterricht sein.
Von den vielen positiven Effekten des Schulschachs überzeugt gewann Götz Preuße wichtige Partner in der Landespolitik für das Projekt, u.a. den damaligen Kultusminister.
Seine intensive Lobbyarbeit sollte großer Erfolg beschieden sein: Mitte der 90-er Jahre startete das Schulschach an 12 Jenaer Schulen. Weil zu jedem Unterrichtsfach auch ein Lehrbuch gehört und ein solches Werk für den Bereich Schach jedoch nicht vorhanden war, verfasste Herr Preuße ein Arbeits- und Übungsheft mit dem Titel „Schach konkret“. Es gilt als hilfreiches Lehrbuch für Einsteiger, das für die Schönheit des Schachspiels zu begeistern vermag. Wie bei anderen Schulfächern auch bieten Leistungsvergleiche auf regionaler und sogar nationaler Ebene Kindern und Jugendlichen Ansporn, ihr Können im Schach unter Beweis zu stellen. Mehrfach organisierte Herr Preuße die Thüringer Schulschach-meisterschaften und baute sie zu Großveranstaltungen aus. Viele Talente förderte Herr Preuße persönlich. Auch auf diese Weise hat er sich um die Zukunftsfähigkeit der Thüringer Schachszene verdient gemacht. Sehr geehrter Herr Preuße, Sie gehören zu den Menschen, die mit größter innerer Überzeugung für ihre Ideen eintreten und Ziele über viele Jahrzehnte hinweg weitsichtig verfolgen. Sie haben dem Schach viele neue Freunde und Förderer gewonnen und sind dafür weite Wege gegangen. Ihre Liebe zum Schach haben Sie klug mit sozialem Engagement zu verbinden gewusst. Sie haben Startgeldvergünstigung für von Arbeitslosigkeit betroffene Menschen und Kostenerlass für Jugendliche eingeführt. Unter den vielen erfahrenen Organisatoren von Schachwettkämpfen sind Sie der Einzige in der Republik, der sowohl eine DDR-Meisterschaft (1990 in Bad Blankenburg) als auch eine gesamtdeutsche Meisterschaft (2004 in Höckendorf/Sachsen) ausgerichtet hat.
Von Rückschlägen haben Sie sich nie entmutigen lassen, sondern aus vielen erfolgreich organisierten Turnieren immer wieder neue Kraft gewonnen. Ich freue mich, dass ich Ihnen für Ihre Lebensleistung heute das Bundesverdienstkreuz übergeben darf.Mit dem Orden sind meine besten Wünsche für Ihr Wohlergehen verbunden.
Ihr Ideenreichtum und Tatkraft werden auch weiterhin in unserem Land gebraucht.